Der Cologne Pride 2014 – 13 Jahre nach Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG, KLICK) durch die Rot-Grüne Bundesregierung. Inzwischen hat sich viel getan: die Gay-Szene hat sich verändert, spürbar! Aber…meiner Ansicht nach, nicht zu ihrem Vorteil, zumindest wenn man von den Stimmungen und Verhaltensweisen früherer Jahre ausgeht! Dieser Eindruck bestätigte sich zwar auch beim diesjährigen Cologne Pride (KLICK), dem Christopher Street Day (CSD) (KLICK) in Köln, aber es gab zum Glück auch das, was die Szene vor einigen Jahren noch ausmachte 😉 . W O sonst in Deutschland, wenn nicht in Köln? Es gibt Hoffnung
!
Freitag, CSD-Start, Janus-Party
Zwei Männer, eine Frau, die ideale Truppe, um den Pride Cologne zu erleben 🙂 Die Zeit in Köln bis zur Eröffnung des größten Gay-Events in Deutschland herum zu bekommen, ist nicht schwer, denn die Rheinstadt hat wahrlich viel zu bieten. Auch leckeres, kühles Kölsch auf dem Heumarkt. Fröhliche und bunte Besucher/innen waren schon am Nachmittag leicht zu erkennen und die Stimmung in den Straßen der Stadt ist einfach herrlich und entspannt. Zumindest nehme ich sie so wahr…
Okay, ich muss an dieser Stelle gestehen, dass wir den offiziellen Start des CSD verpassten 😳 ! Nein, das lag NICHT an diesem netten Herrn hier rechts auf dem Bild
Deutschland gegen Frankreich bei einer Fußball-WM, das liebe Leser/innen, zieht selbst mich gebannt vor den Fernseher 😉 .
Unser erster Event in diesem Jahr war die große Party des schwul–lesbischen Sportvereins SC Janus in der Wolkenburg. Was für eine beeindruckende, atmosphärisch spannende Location (KLICK) …und was für eine Party-Enttäuschung! Ich hatte viel Positives über diesen Event gelesen und gehört, aber … Wo waren all die Sportler??? Eine Sportverein-Party ohne die typischen Fetisch-Klamotten??? Sorry, geht gar nicht! Vereinzelt waren sie sichtbar, aber sie gingen in der Masse der konventionell, teilweise langweilig, ja sogar schlecht gekleideten Männer unter 😮 ! DERBE ENTTÄUSCHUNG!
Und hier war genau das zu sehen, was ich zu Beginn des Berichts schon als negative Veränderung in der Gay-Szene andeutete. Unsere Begleiterin beschrieb die Atmo, die Männer und die Party im Ganzen, mit nur einem Wort, das treffender nicht mehr geht: B I E D E R ! Ja, liebe Gays, willkommen im biederen Spießer-Leben! Ihr habt es geschafft! 😛 Auch DAS gehört zur Gleichberechtigung und Männer, die wie auf dem Bild rechts knapp angezogen waren, sind auch bei weitem nicht mehr so häufig zu sehen gewesen, wie noch vor ein paar Jahren. Inzwischen ist die “Empörung” über derartige Reize in der Öffentlichkeit ja chic! 😆
Und die Musik? Drei Tanzräume, drei ähnliche Musikstile und WO WAREN DIE CHARTS, die aktuellen Hits? Und ich meine jetzt nicht die Schlager, wie “ATEMLOS”, der sich über die vier Tage Köln wie ein rosa Faden durch mein schlagerfeindliches Gehör zog! Es waren in allen Sälen ähnliche Lieder aus gleichen Zeiten, mir fehlten Abwechslung und Höhepunkte! Schade…aber wie im realen Leben, siehe Foto links, kann nicht alles schön sein 😛
In positiver Erinnerung bleibt mir die Treppe, die zu den Toiletten ins Obergeschoss führte. Wir Drei standen am Aufgang der Treppe und konnten ein ausgiebiges Lästern nicht vermeiden, denn…am Ende des Treppenabstiegs hing ein riesengroßer Spiegel und wenn sich, bei all dem biederen Männervolk eines ganz sicher NICHT geändert
hat, so ist es die Eitelkeit der Männer! Ich wartete nur auf die “Krystle Carrington” (KLICK), die als erste die Treppe hinabstürzen würde, weil der Blick weniger auf die Stufen, als vielmehr auf das eigene Spiegelbild gerichtet war 😆 . Kenner der Serie DENVER-CLAN wissen, was ich meine 😉 . Na wenigstens hatten wir an dieser Stelle der Party etwas zu lachen.
Der CSD-Freitag kann mich nach wie vor weder überzeugen, noch begeistern. Letztes Jahr langweilte und erschreckte mich die vielseits gelobte AIDS-Gala im Maritim-Hotel, dieses Jahr (HEUER <- kleener Interner! 😆 ) schaffte es auch die Janus-Party nicht, mich in Stimmung zu bringen. Aber dann kam der Samstag 🙂 …
Samstag, Kompassnadel, Kerzenlichter gegen das Vergessen, SEXY-Party
Ich liebe das Frühstücken im Hotel! 🙂
Danach ab auf den Heumarkt und das erste Bierchen des Tages schlürfen, so muss das! 😉
Der alljährliche Empfang des Schwulen Netzwerkes NRW und der AIDS-Hilfe NRW (KLICK) zur Verleihung der Kompassnadel (KLICK), ist der für mich professionellste und feinste Event schwul-lesbischer Organisationen überhaupt und gleichzeitig mein eigentlicher Einstieg in das CSD-
Weekend. Mehrere hundert Personen aus Gay-Verbänden und -Gruppen aus ganz NRW, treffen sich am Samstagmittag im Kölner Gürzenich, um Personen oder Projekte, die sich für Schwule und Lesben in der Gesellschaft besonders engagiert haben, auszuzeichnen. Und dieser Preis ist die Kompassnadel! Ein Preisträger kommt aus der Gay-Community, zumeist sind es ehrenamtliche Mitarbeiter, der zweite Preisträger kommt aus der Gesellschaft, nicht selten aus der Politik und in diesem Jahr zum ersten Mal aus einer kirchlichen Organisation.
Die Festreden waren einmal mehr professionell und es zeigt sich immer wieder, dass die gewählten Preisträger der Kompassnadel zurecht nominiert wurden.
Irgendwie war unser Zeitmanagement an diesem Samstag ungünstig, denn wir schafften es tatsächlich nicht, über das Straßenfest zu flanieren. Abgesehen von den zahlreichen Info- und Verkaufsständen, bietet der Walk immer wieder die Möglichkeit, ein wenig mehr von der allgemeinen Stimmung aufzunehmen, die Vielfalt der Besucher zu registrieren und natürlich auch mit ihnen zu flirten 😉 . Mir fehlte das sehr 🙁 .
Auch wenn ich hier viel über “Party & Bier” schreibe, ist der Spaß nicht das alleinige Ziel, das mich zum Christopher Street Day nach Köln führt. Wir dürfen nicht vergessen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz homo-, bi- und transsexueller Menschen, auch nach Einführung des LPartG, in der Gesellschaft vielfach immer noch defizitär ist und in vielen, gerade regionalen Gebieten, Gays auf Ablehnung und Diskriminierung stoßen.
Auch bei der rechtlichen Gleichstellung ist ein weiterer Fortschritt dringend notwendig. Dabei geht es nicht darum, anderen etwas wegzunehmen, sondern Gay-People rechtlich das zu geben, was allen anderen Bürgern auch zugestanden wird. DAS ist für mich rechtliche GLEICHSTELLUNG! Und die inzwischen immer häufiger zu vernehmenden Äußerungen gegen die Versuche der Umsetzung einer Gleichstellung, insbesondere mit dem Zusatz “Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!”, finde ich unerträglich (KLICK MAL HIER)! Wo ist bei den Versuchen, mir eine rechtliche Gleichstellung zu verwehren, der Respekt mir und meinem Leben gegenüber in dieser offenen Gesellschaftsform, in der doch jeder das Recht haben sollte, so zu leben, wie er mag??? Dafür mit meiner Präsenz in Köln zu demonstrieren, mich zu zeigen, den Politikern sagen zu können “Hey, WIR SIND DA!” (und je mehr, desto besser!!!), deshalb fahre ich auch zum CSD und das in vollem Bewusstsein, jederzeit, auch wenn ich ein Bierchen trinke, lache und Spaß habe! Der ernste Hintergrund ist immer dabei, auch wenn man ihn mir in manch einem Moment nicht ansieht oder ansehen will!
Zahlreiche Acts auf den Bühnen (Alter Markt und Heumarkt) und kleinere Veranstaltungen mit ernsterem Hintergrund im Rahmen des Straßenfestes (KLICK 1) (KLICK 2, WDR) und auch schon Wochen davor in der ganzen Stadt, belegen, dass ich diesbezüglich nicht der Einzige bin, der den Pride vielfältiger sieht! Am CSD-Weekend selbst, ist die wohl beeindruckendste Veranstaltung die “Kerzenlichter gegen das
Vergessen” (KLICK) am Samstagabend. Wenn man an der Bühne steht, beim oder kurz nach dem Sonnenuntergang Richtung Dom schaut, das Lichtermeer von tausenden Kerzen sieht, eine beeindruckende Stille während der Gedenkminute erfährt, die man noch Minuten zuvor für unerreichbar gehalten hätte, als diese vielen Leute sich noch fröhlich mit Freunden austauschten und laut lachten, bekomme ich eine Gänsehaut! Dann
weiss ich, dass ich nicht allein mit meinen Gedanken bin, neben Party & Spaß auch noch andere Gründe zu haben, am CSD teil zu nehmen. Immer wieder ein unglaublich bewegender, immens einprägsamer Augenblick!
Damit endete das Bühnen-Programm auf dem Heumarkt und es starten die Vorbereitungen für D I E Party des CSD: S E X Y !!! 😛
Die SEXY hat nicht nur den richtigen Namen, sie ist es auch und ich sage hier aus vollem Herzen: ENDLICH!
Was ich vorhin über die Janus-Party schrieb, trifft auf die SEXY überhaupt nicht zu! Wer erleben möchte, wie noch vor Jahren fast jede Gay-Party gefeiert wurde, und den Begriff “Feiern” habe ich bewusst gewählt, der sollte sich für das nächste Jahr auf jeden Fall ein Ticket sichern. DAS ist PARTY, hier sind MÄNNER und man hört viel Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch und dazwischen auch schon einmal Deutsch 😀 . Diese Party ist international, sie bietet SHOW, sie bietet FUN, sie bietet EROTIK, sie bietet schöne (freie Ober-)KÖRPER und sie bietet klasse gemixte MUSIK.
Die Atmo ist heutzutage fast unbeschreiblich, erst recht für die jüngeren Schwulen, die mit den fast schon konventionell und “hetero” gewordenen Gay-Parties aufgewachsen sind und eher peinlich berührt wegschauen oder lästern, wenn sie jemanden ohne Shirt auf der Tanzfläche sehen! Bei der SEXY reicht es auch, sich einfach in eine Ecke zu stellen und zu schauen, zu genießen, das aufzunehmen, was einem immer wieder auf`s Neue geboten wird
. Wer das “Babylon” aus “Queer as Folk” kennt und solche
Parties für unmöglich und frei erfunden hielt, wird auf der SEXY vom Gegenteil überzeugt werden! Diese Party ist eben nichts für die Biederen und Spießer unter den Gays, die scheinbar begonnen haben, sich für ihre halbnackten, bestens gestylten Artgenossen zu schämen, die es ihrerseits genießen, ihre Körper zu zeigen und schlicht und einfach lockeren, unkomplizierten Spaß haben wollen, was ja auch schon verpönt zu sein scheint! S O ist Party, wie es sie heute in unserer Region LEIDER kaum noch gibt!!! 😛
Um vier Uhr lagen wir im Bett, um 8:15 Uhr sollte schon wieder der Wecker klingeln 🙄 !
Sonntag, CSD-Parade, Tanzbühne und ein verfrühtes CSD-Ende
Raus aus dem Bett (Hell, war das schwer 😯 !), duschen, frühstücken, ein erstes Kölsch auf dem Heumarkt!
Tasche packen, 2 Flaschen Sekt für 2 Personen, eine Flasche Wasser für unsere Frau (musste noch nach Hause fahren und durfte nicht mehr trinken 🙁 !). Eine Flasche Hugo und ein Desperados holten wir später noch nach 😳 .
Die Deutzer Brücke war für diese Uhrzeit schon ungewöhnlich voll und was die Besucherzahl des diesjährigen Pride angeht, so befand sie sich wohl wieder einmal recht nah unter der Millionengrenze 🙂 . Zu der Parade gibt es nicht viel zu sagen, die müsst Ihr einfach erleben! Aber dass der CSD mehr ist, als eine reine Tunten-Veranstaltung und ein Come-Together ausschließlich schriller Typen, so wie es gerne in den Medien gezeigt wird (KLICK 1) (KLICK 2) (KLICK 3), davon kann sich jeder Besucher überzeugen, der die Kerle und Männer entlang der größten deutschen CSD-Parade in den Straßen sieht.
Viel Schönes begegnet viel Peinlichem, manch einem wird das ein oder andere auch zu offen gezeigt, wie z.B. der entblößte Po eines Demonstranten. Und Menschen in Gummi, Latex oder in Hundemasken, die auf den entsprechenden S/M- und
Master/Slave-Fetisch hinweisen, sind nicht jedermanns Sache und werden nicht selten kritisiert. Mir muss auch nicht alles und jeder Demo-Teilnehmer gefallen, aber Herr- und Frauschaften…wer von gelebter Vielfalt spricht, sie sich für die Gesellschaft wünscht und selbst als Mitglied einer Minderheit für Vielfalt und gleiche Rechte demonstriert, sollte jene nicht ausschließen wollen, die als Minderheit in der Minderheit dazu gehören, indem man diesen außergewöhnlichen Demonstranten die Teilnahme an der Parade absprechen will! Einfach mal drüber nachdenken 😉 !
Wer den ein oder anderen “schrillen Vogel” im Anschluss an die Parade noch ablichten möchte, dem bietet sich meist auf der Domplatte die Gelegenheit dazu. In diesem Jahr war die Parade (98 Gruppen) so lang und so langsam, dass wir, nach dem Ende auf der Deutzer Brücke am Dom angelangt, den Anfang noch gar nicht mitbekamen 🙂 . Hatte ich so auch noch nicht erlebt.
Wir liefen zurück über das Straßenfest hin zur Tanzbühne am Gürzenich (KLICK), wo wir auf weitere Kölsch verzichteten und uns den Cocktails zuwandten 😆 .
Was hatten wir doch wieder ein Glück mit dem Wetter! Mussten wir noch am Freitag mit Regen für das Weekend rechnen, entpuppte sich der Sonntag als herrlich warmer, sonniger Tag mit nur wenigen Wolken. Wer dann noch ein wenig SEXY-Luft schnuppern wollte, fand hier die heißesten Männer noch einmal auf der Tanzbühne, natürlich auch diesmal zumeist oben ohne 😉 .
Leider ergaben sich, wie bereits in den Vorjahren, nur wenig Kontakte. Auch wenn wir die Leute ansprachen, war nicht mehr als ein Small Talk drin. Auch das ist bereits seit Jahren im Trend. Wenn ich mich an die ersten CSD`s, die ich in Köln erlebt habe, erinnere, so waren die immer auch mit interessanten, spannenden und witzigen Begegnungen verbunden. Heute schauen die Leute einen oft nur noch an, als wunderten sie sich, dass sie überhaupt angesprochen werden 🙄 . Persönliche Kontakte werden immer schwieriger, das Internet und die anonyme, facelose Kontaktaufnahme über diverse Apps, haben viele Schäden hinterlassen…
Am Abend kamen dann doch noch Wolken auf und es begann zu regnen. Wir waren um 21:00 Uhr wieder auf dem Heumarkt, um das offizielle Ende des Christopher Street Day 2014 mit zu erleben. Plötzlich wurde über die Lautsprecher das vorzeitige Ende des Pride verkündet. Grund war eine Unwetter-Warnung des Wetteramtes…nachvollziehbar nach dem derben Pfingst-Sturm.
Fazit:
Der Cologne Pride 2014 war wieder ein klasse Demo-Wochenende, dem hoffentlich in den nächsten Jahren noch viele folgen werden
.
Ich persönlich erlebte Einiges etwas anders, als in den vergangenen Jahren. Das gilt es dann in 2015 wieder zu ändern! 😉