Willkommen im Varieté des GOP in Essen. Ich nutzte meine Geburtstags-Freikarte für das aktuelle Programm “DUMMY” (KLICK), auch wenn ich die Aufführung zum zweiten Mal sah, nach der Show in Bad Oeynhausen, im März dieses Jahres.
Varieté in Essen (GOP), Düsseldorf (Apollo, siehe Meinung dazu HIER) oder Bochum (etcetera) funktioniert immer nach dem selben Muster: Conferencier oder Clowns geben die Starthilfe und heizen dem Publikum ein, dann hebt sich der Vorhang, das Licht geht an, im Idealfall noch ein gedimmter Spot auf den die Bühne betretenden Artisten/Künstler gerichtet und ab geht’s ans Gerät. Pflicht erledigt, Applaus, irgendwann dann Pause, 2.Akt, Schluss, Show schön finden, Tschüss nach Hause!
Wer dieses soeben beschriebene Muster liebt oder es schlicht nicht anders kennt und es sich schon gar nicht anders vorstellen kann (will), für den wird “DUMMY“, das Varieté 2.0 vielleicht “etwas schwierig” oder eine angenehme Überraschung.
Wer aber gern Neues sieht, sich darauf einzulassen vermag und eine Show-Inszenierung voller Kreativität, Kunst, Spaß, Körpereinsatz, außergewöhnlicher Musik-Untermalung und Body-Schönheiten bestaunen möchte, für den sollte “DUMMY” ein absolutes Pflichtprogramm sein!
Wer URBANATIX kennt, kann sich schon in etwa die Richtung denken, die das Varieté 2.0 eingeschlagen hat 😉 . Natürlich mit anderen Künstlern, eben einem Varieté angepasst…
“DUMMY“, der Name sagt es schon, dreht sich eben um diese künstlichen Menschen ohne Bewegung, Stimme und Emotionen. Aber halt: Auf der Bühne erwecken die Darsteller, Artisten und Künstler eben diese Dummys zum Leben und wie sie das anstellen, eben das ist die hohe Kunst der Kreativität, die uns mit dieser Show präsentiert wird und die begeistert. Oooops, verraten! 😉
Es hat sich etwas geändert! Das fällt mir schon zu Beginn auf. Ich erinnere mich, dass die Show im März irgendwie anders startete, allein schon deshalb, weil eine Präsenz heute auf mich wirkte, die in Oeynhausen fehlte: Eike von Stuckenbrok! Er ist in Essen, zum Glück, Bestandteil des Ensembles und fungiert hier nicht nur als Mit-Regisseur im Hintergrund. Seine Präsenz auf der Bühne gibt der gesamten Show eine besondere Note und das nicht nur, weil ich ihn klasse finde, sondern weil er es tatsächlich auch ist!
Diese Varieté-Show rasselt die Aufführungen nicht einfach so runter. Es gibt Einleitungen. Manche versteht man nicht gleich, andere erwecken ganz andere Erwartungen, als das was schließlich auf der Bühne folgt und sorgen damit für schöne Überraschungsmomente!
Die Musik ist hin und wieder gewöhnungsbedürftig, so zum Beispiel, wenn die Boxen etwas zu heftig dröhnen und die Bässe im Ohr die Schmerzgrenze streifen oder wenn das Cello dumpfe, schneidende Töne spielt. Aber letzteres passt zu den Showeinlagen und ergibt zeitweise eine Harmonie, die bei den Zuschauern zunächst Applaus-Zurückhaltung verursacht. Irgendwie will man nicht stören und dann erlebt der begeisterte Zuschauer am Ende des Auftritts, dass die Zeit zwischen den künstlerischen Darbietungen für einen längeren Applaus leider zu kurz ist. Die Künstler/innen werden es aber an der Intensität des Beifalls gemerkt haben, dass ihre Darbietungen grandios aufgenommen wurden.
Die unterstützenden Video-Installationen schaffen einen zusätzlichen Blickfang , der vom Zuschauer Aufmerksamkeit erfordert. Ein Blick zur Seite und zack, könnte man etwas verpasst haben. Spannung und visueller Genuss sind hier ein harmonisches Gefühl!
Dass die beiden Regisseure wahre Perfektionisten sind und sich in die Augen und Wahrnehmung der Zuschauer versetzen können, zeigt auch Folgendes, was vielleicht gar nicht jedem Zuschauer so aufgefallen ist, aber eines der vielen kleinen Details ist, die diese Show zu einem wirklich sehenswerten, unterhaltsamen zwei Stunden Abend-Erlebnis werden lassen:
Nach einem Auftritt verdunkelt sich die Bühne und der Umbau beginnt, während die Show an anderer Stelle weiter geht. Der Zuschauer sieht die eifrigen Bühnenarbeiter schemenhaft und als sie den Stage verlassen, laufen sie so parallel zu den Besuchern, dass sie nur noch als eine Person vom Publikum wahrgenommen werden. Das verursacht weniger Unruhe und wird als kleinere Störung wahrgenommen. Genial!
Während im ersten Teil der Show, wie immer gibt es auch bei “DUMMY” nach einer Stunde eine Pause, diese außergewöhnliche Kreativität bei der Umsetzung des Programms vorgestellt wurde und der Zuschauer die Möglichkeit zur Gewöhnung hatte, folgen im zweiten Teil, die, meiner Ansicht nach, beeindruckendsten Teile der Show. Besondere Begeisterung löste bei mir die Schlussnummer aus, bei der sich die Artisten und Künstler auf der zu 40% geneigten Bühne über den Boden schwingen und mit ihrem Schatten spielen, der ihnen in Form von Lichtern, die die Körper und deren Bewegungen nachzeichnen, in Sekundenabständen folgt. Eine wirklich äusserst kreative und gelungene Idee!
Zu erwähnen bleibt heute auf jeden Fall noch der sehr aufmerksame und absolut bemühte Service-Mitarbeiter René, der so oft an unseren Tisch kam, wie kein anderer zuvor bei unseren vergangenen Besuchen. Meist glänzt das Personal mit Abwesenheit, zumindest hatten wir das in der Vergangenheit öfters so wahrgenommen, und es dauert dann schon eine Zeit, bis die Getränke bestellt und serviert sind. René war klasse und am Ende stellte sich heraus, dass er Azubi ist. Super engagiert der Typ 😉
Fazit: Was ein Abend, was eine Show, was für sympathische Artisten und Künstler! “DUMMY” bringt Fun, Unterhaltung, liefert visuelle Eindrücke, die im Anschluss an den Besuch noch lange Kopfkino verursachen und ist absolut sehenswert! Schöner kann man seinen Abend wohl kaum gestalten und wer Varieté jenseits der Mainstream-Aufführungen erleben möchte, fährt noch bis zum 04.November 2012 nach Essen ins GOP, schnappt sich eine Karte und freut sich über das, was er geboten bekommt! Wer’s verpasst, sollte sich ärgern! 😉 Also: REINGEHEN!